Humorvoll schreiben: So wirkst du sympathisch UND seriös

24.02.2022

Deutsche haben keinen Humor.

Hörst du das auch manchmal von deinem italienischen Kollegen, deiner amerikanischen Freundin oder deiner französischen Bulldogge?

Ich nehme den Satz meist mit Humor – und zeige so, dass ich sehr wohl welchen habe, wenn ich meinem englischen Gegenüber trocken sage: “Genau. Und ihr habt die beste Küche Europas.”

Doch wenn ich mir dann wieder Unternehmenstexte vornehme, schießt auch der Satz wieder durch meinen Kartoffel-Kopf.

Das Online-Marketing ist voll von Traditionsunternehmen, professionellen Partnern seit 1647 und persönlicher Kundenbindung durch ein auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Konzept.

STOP! In the name of love!

Das geht besser. Ich möchte dir jetzt zeigen:

  • woher dieses Versteckspiel hinter humorlosen Phrasen kommt – und warum genau das unseriös ist,
  • welche hochwirksamen Mittel es gegen Humorlosigkeit gibt und
  • wie du mit der richtigen Prise Humor sympathisch und seriös kommunizierst –
  • ohne dich zum Clown zu machen.

Let’s get ready to rumbleeeeee!

Alle wollen seriös sein – kaum einer ist es.

Klar: Jedes Unternehmen will seriös wirken. Nur: Was heißt das überhaupt?

Laut Wiktionary: ordentlich, ernst, würdig, vertrauenswürdig, glaubwürdig, zuverlässig. Das lateinische Wort “serius” übersetzt man wörtlich mit “ernsthaft”. Genau das heißt auch das französische “sérieux” und das englische “serious”.

Klassischer Denkfehler daher: Wenn ich seriös sein will, muss ich ernst sein.

Die Folge: lahme, trockene, hochtrabende und zugleich nichtssagende, kühle und distanzierte Marketingtexte.

Zum Teil wirken die sogar albern! Mal ehrlich: Musst du ein bisschen grinsen, wenn ein frisch selbständiger Hausmeister sich als Junior Facility Manager ausgibt, der individuelle Lösungen (für jedes Treppenhaus?!) bietet?

Doch eigentlich finde ich es traurig, dass so viele tolle Unternehmen und Persönlichkeiten sich aus Angst vor unseriösem Auftreten verbiegen – und es lieber so machen, wie es vermeintlich (!) gut ankommt.

Für mich heißt seriös vor allem: vertrauens- und glaubwürdig, zuverlässig, bodenständig, echt.

Und genau in diese Reihe passt perfekt das Adjektiv “humorvoll”!

Warum?

Humor verbindet.

Ich bringe die gestresste Arzthelferin zum Lachen. Ich scherze mit dem netten Herrn am Servicetelefon. Ich jage einen humorvollen Kommentar in die angespannte Stimmung in der Gremiensitzung.

Weil es sofort Nähe schafft.

Als Unternehmerin mache ich das genauso. Denn wieso sollte ich auf meiner Website, meinem Blog oder im Kennenlerngespräch auf die völkerverbindende Wunderwaffe Humor verzichten?

Du musst genauso in deinem Business Nähe schaffen, um zu zeigen, dass du dein Gegenüber verstehst. Um vertrauens- und glaubwürdig aufzutreten – also seriös. Und mit kaum etwas geht das so schnell und erfolgreich wie mit Humor!

Ja, genau: seriös mit Humor!

Humor macht dich sympathisch – und deine Texte auch.

Es ist nicht möglich, einen Text witzig zu finden und nicht zu mögen.

Annika Lamer

Um es positiv zu formulieren: Wenn wir einen Text witzig finden, mögen wir ihn.

Denn wir merken: Da steckt ein sympathischer Mensch dahinter. Und du hast bestimmt schon den Satz gehört: Menschen kaufen von Menschen. Nicht von kompetenten Dienstleistern, die seit 150 Jahren großen Wert auf individuelle Beratung legen.

Menschen haben (und kaufen) Gefühle – die gilt es durch emotionale Marketingtexte zu wecken. Eine wichtige Zutat: die richtige Prise Humor.

Nur: Wie findest du die?

Humorvoll schreiben – seriös bleiben

Humor ist wie Salz für deine Marketingtexte: Eine dezente Würze an den richtigen Stellen haucht ihnen erst Leben ein. Unkontrolliertes Überschütten wird dagegen schnell lebensgefährlich.

Nicht von Goethe, sondern von mir.

Menschen kaufen also von Menschen. Aber nicht von Clowns.

Deshalb verstehe ich es erst mal total, wenn Unternehmen sich scheuen, ihr Publikum zu entertainen. Erst mal.

Denn natürlich gibt es Grenzen des guten Geschmacks: Flachwitze, Sexismus, Rassismus oder einfach ein Zuviel an Information verbieten sich wie Zimt auf Pommes.

Natürlich musst du darauf achten, dass die Schippe Humor noch zu deiner Persönlichkeit oder Markenstimme passt. Halte dich fern von aufgesetzten Grimassen und peinlichen Clownereien. Du sollst dich immer noch wohlfühlen – und entspannt deine Expertise zeigen.

Denn Fachkompetenz brauchst du bei humorvollen Texten besonders dringend: Guter Humor paart sich am besten mit wirklich guten Inhalten.

Wenn der Humor flach ist, muss das Niveau hoch sein.

Daniela Rorig

Ich denke: Das geht ganz natürlich. Du hast ein Gefühl dafür, was du deiner Kundschaft erzählen kannst, was zu dir und deinem Business passt. Genauso wie du ein Gefühl dafür hast, dass Onkel Willis witzig gemeinter Kommentar über das Outfit der kurvigen Kellnerin im 21. Jahrhundert absolut unwitzig ist.

Sei also ruhig ein bisschen mutiger – und so humorvoll, dreist und kreativ wie erlaubt!

Onkel Willi wird auch nicht gleich zum Raser, wenn er sich bei Tempo 50 mal vorsichtig an die 40 wagt. Im Gegenteil: Die anderen Verkehrsteilnehmenden danken ihm dafür, dass er nicht ihre Zeit stiehlt und sie in den Sekundenschlaf befördert.

Bevor ich genau das mit dir mache, kommen jetzt echte Beispiele und Tipps!

6 Tipps für humorvolle Marketingtexte mit Stil

1. Wenn du übertreibst, dann bitte richtig.

“Beste Qualität”, “schnellstmögliche Herstellung”, “höchste Disziplin” (sorry, Jogi): Das klingt so seriös wie “Love Island”. Weil es hochtrabende und doch nur leere Hülsen sind. Nur weil man einen Superlativ verwendet, ist man nicht automatisch auch super.

Wenn du schon auf den Putz haust (was du dir sicher erlauben kannst!), dann nutze auch humorvolle Übertreibungen:

  • “Mit unserem Fitness-Trampolin machst du Freudensprünge bis zum Mars.”
  • “Bei mir macht ein Mitarbeiter-Coaching mehr Spaß als eine Woche Disneyland.”
  • “Unsere neue App ist da! Wir könnten platzen wie Obelix nach drei Wildschweinbraten.”

Diese Beispiele führen super zum nächsten Tipp:

2. Finde Sprachbilder, die abgehen wie …

… Schmidts Katze? Hm …

… die Luzie? Uff …

… die Sau? Haaaalt, STOP!

Ausgelutschte Vergleiche und Metaphern vergraulen die Leute schneller als Mettbrötchen von vorgestern.

Erfinde kreative, möglichst konkrete, extreme und dadurch starke Bilder!

  1. Nimm ein Verb oder Adjektiv und überlege, welcher Promi, welche Figur, welches Tier oder Ding dazu passt.
  2. Jetzt werde drastisch: Wie kannst du den (vielleicht schon bekannten) Vergleich oder die Metapher ad extremum führen (s. Tipp Nr. 1)?
  3. Zeichne das Bild noch genauer: “Hässlich wie die Nacht” kennt jeder. “Hässlich wie eine Novembernacht in Bottrop” ist neu UND konkret.

Also, zurück zur Überschrift: Finde Sprachbilder, die abgehen wie Speedy Gonzales nach drei Packungen Speed beim Sonderschlussverkauf!

Sehr gut lässt sich damit auch Tipp Nr. 3 verbinden:

3. Spiele auf Popkultur an.

Gut: Deine Lesenden verstehen deinen Text.

Noch besser: Sie fühlen sich dabei schlau.

Am allerbesten (sorry, Superlativ!): Du holst sie dabei in ihrer Lebenswirklichkeit ab. Da, wo sie Mensch sind. Und zeigst ihnen, dass du auch einer bist.

Deine Kundschaft hat kleine Kinder? Dann freut sie sich, wenn du auch die Kuh Lieselotte kennst – und sie sogar passend in deinem Text unterbringst.

Oder wendest du dich an jüngere Erwachsene? Dann passt vielleicht ein Bezug zur neuesten Kultserie auf Netflix.

Du siehst: Deine Zielgruppe zu kennen hilft dir wie Harry Potter der Tarnumhang!

4. Spiele mit Wörtern.

Spielen macht Spaß. Spielen mit Sprache sogar sehr.

Hey, das war eine Alliteration – auch sehr nützlich, um ein bisschen Humor ins Spiel zu bringen.

Betonung auf “ein bisschen”. Den großen Humor-Hammer (haha) schwingst du damit nämlich nicht – aber vielleicht willst du ja genau so subtil sein?

Weitere Möglichkeiten für sprachliche Spitzen:

  • kuriose Wörter nutzen: hanebüchen, Kokolores, Mumpitz, schnabulieren, Luftikus, Fracksausen…
  • Anglizismen kreativ übersetzen: “Friss-was-du-kannst”
  • Redewendungen abwandeln: “Wo Rauch ist, da halten wir schon den Feuerlöscher bereit.”
  • Wortspiele: “Dönerteller Versace” (Lieferando)
  • Reime (sparsam!) einsetzen: Beschränke dich erst mal auf einzelne Wörter im Satz (“Personal Training – und der Speck geht weg”) oder sogar ein Wort (“Blog-Bock”).

Wichtig: Spiele sollen Spaß machen und nicht weh tun.

5. Vorsicht: Ironie!

Ich hasse Ironie.

Na, hast du erkannt, dass das ironisch gemeint war?

Im Alltag und in der mündlichen Kommunikation geht das oft so leicht von der Hand wie das Haus vom Nikolaus: Mein englischer Gesprächspartner auf der Party versteht durch mein mildes Lächeln und meinen trockenen Tonfall sofort, dass mein Lob auf die Küche seines Volkes das genaue Gegenteil ausdrücken soll.

Das Problem beim Texten: Deine Lesenden sehen und hören dich nicht.

Trotzdem finde ich Ironie einfach so toll, dass ich überzeugt davon bin: Auch im Content Marketing kann und soll man sie so nutzen, dass jeder sie gleich erkennt – und schmunzelt.

Aber: Bitte lass den Holzhammer ganz unten im Werkzeugkasten!

Und wie schaffst du es, gleichzeitig erkennbar und elegant ironisch zu sein?

  1. Mit Emojis an den richtigen Stellen.
    (Hier musst du tatsächlich darauf achten, dass du seriös bleibst. Überlege dir, ob es wirklich zu deiner Marke passt, in jeden Satz drei Raketen, Einhörner und Auberginen zu stopfen.)
  2. Mit Tipp Nr. 1: saftigen Übertreibungen.
    (“Sie führen ein seriöses Unternehmen? Wagen Sie es ja nicht, humorvoll zu schreiben! Gelacht wird bei uns in Deutschland nur im Keller. Selbst in der beliebten Comedy-Show “LOL” geht es schließlich darum, NICHT zu lachen. Als seriöse Businessfrau ist es Ihre Pflicht, bis zu den Augenbrauen zugeknöpft zu sein und sich hinter Ihrem schicken Jackett ebenso zu verstecken wie hinter professionellen Phrasen, die möglichst wenig über Sie preisgeben.”
    Langsam kapiert hoffentlich auch Hein Blöd, dass diese Zeilen vor Ironie triefen.)
  3. Mit offener Selbstironie.
    (Sich selbst ein bisschen auf die Schippe nehmen – das zeugt von wahrer Größe und Humor. Streng zu unterscheiden von “sich selbst komplett peinlich zum Horst machen”!)

6. Weniger Blabla – oder mehr?

Ja, ich möchte mich als Texterin von “Marketing-Blabla” abgrenzen.

Gleichzeitig kann mehr “Blabla” gut sein – damit meine ich: Lautmalereien. Onomatopoesie. Soundeffekte.

Das gibt deinem Text nämlich Wumms. Erzeugt ein wenig Humor. Nähe. Eine Trinkpause in einer Infotextwüste: Uff. Puh. Grade noch vor dem Verdursten gerettet. Ka-ching! Schon klingelt bei dir die Kasse.

Merkst du es? Hehe.

Humorvoll schreiben kannst du auch!

So – du hast nun diesen Artikel komplett gelesen. Glückwunsch, schon bist du ein echter Profi für unterhaltsames Content Marketing, hältst jede Woche Vorträge vor 100.000 Leuten, die sich vor Lachen kringeln, und bringst ein Buch nach dem anderen raus.

Haha. Wenn du das als ironische Übertreibung entlarvt hast, bist du auf einem guten Weg.

Zu deinem Weg hin zu Texten, die genau die richtige Portion Humor enthalten und deine Lesenden stilvoller und seriöser entertainen als Kabarett auf 3sat, gehört natürlich: Üben, üben, Kohlrüben!

Also: Schnapp dir einen Text von deiner Website, deinem Blog oder was immer sich anbietet – und belade ihn mit deiner schärfsten Munition: Humor. Und zwar so, dass du maximal seriös und sympathisch wirkst! Wie viel von welcher Strategie sich in deinem Falle eignet, weißt du am besten.

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